Die Kastration des Hundes
Die Kastration ist die operative Entfernung der Hoden beim Rüden bzw. der Eierstöcke bei der Hündin. Eine Folge dieser Operation ist das Wegfallen des Sexualverhaltens und des Sexualzyklus. Auch die von den Hoden gebildeten männlichen Geschlechtshormone bzw. die von den Eierstöcken gebildeten weiblichen Geschlechtshormone und deren Wirkungen auf den Organismus fehlen danach. Dies führt zu erwünschten und unerwünschten Auswirkungen der Kastration.
Die Sterilisation ist die operative Verlegung der Samenleiter beim Rüden bzw. der Eileiter bei der Hündin. Sexualverhalten und Sexualzyklus sowie die Wirkungen der Geschlechtshormone bleiben erhalten. Lediglich die Zeugungsfähigkeit geht verloren. Diese Operation wird nur selten in der Tiermedizin durchgeführt, da weder hormonbedingte Erkrankungen bekämpft noch störende Verhaltensweisen abgestellt werden.
Die chemische Kastration ist die vorübergehende Unterdrückung der Geschlechtshormonproduktion durch Arzneimittel. Es treten die erwünschten und unerwünschten Auswirkungen der chirurgischen Kastration in einem bestimmten Zeitraum auf, verschwinden danach aber wieder. Die chemische Kastration wird angewandt, um herauszufinden, welche der möglichen erwünschten und unerwünschten Auswirkungen einer Kastration bei einem bestimmten Hund tatsächlich auftreten werden. Auch die Behandlung einiger hormonabhängiger Erkrankungen kann mit diesen Arzneimitteln durchgeführt werden.
Erwünschte Auswirkungen der Kastration
Die Kastration eines Rüden oder einer Hündin kann durchgeführt werden, um ungewollte Nachkommen zu vermeiden. Insbesondere in Haushalten mit mehreren Hunden beiderlei Geschlechts ist es nicht selten erforderlich, einzelne Tiere kastrieren zu lassen. In verschiedenen Ländern der Erde stellt die Kastration ausgewilderter Hunde, sogenannter Straßenhunde, einen aktiven Beitrag zum Tierschutz dar.
Die Kastration kann zu einer Erleichterung der Haltung eines Rüden oder einer Hündin führen. Für Rüden wird die Kastration oft gewünscht, wenn sie ein ausgeprägtes Sexualverhalten zeigen: Ist eine läufige Hündin in der Nähe, beginnen die nicht kastrierten Rüden unruhig zu werden, ständig zu jaulen, die Nahrung zu verweigern, undsie versuchen wegzulaufen. Bei intakten Hündinnen wird die Läufigkeit nicht selten vom Besitzer als belastend empfunden: Der blutige Ausfluss wird als störend und unhygienisch angesehen. Der Spaziergang mit einer läufigen Hündin kann sich schwierig gestalten, wenn sie von Rüden verfolgt wird.
Die Kastration ist für die Behandlung bei unerwünschtem, durch die Geschlechtshormone bedingtem Verhalten sinnvoll. So kann durch die Geschlechtshormone gesteuertes Aggressionsverhalten gegenüber anderen Rüden häufig durch die Kastration behoben werden. Auch zyklusabhängiges oder im Rahmen einer Scheinträchtigkeit auftretendes aggressives Verhalten einer Hündin kann durch eine Kastration vermieden werden.
Eine Kastration kann vom Tierarzt aus medizinischen Gründen empfohlen werden. Dabei stellt die Kastration teilweise eine lebensrettende Maßnahme dar.
Rüden können mit einer Kastration therapiert werden, wenn sie an Hodentumoren oder Prostataerkrankungen leiden. Der unvollständige Abstieg eines oder beider Hoden während der Entwicklung in den ersten Lebensmonaten des Rüden führt zu einem Kryptorchismus. Auch bei Kryptorchismus wird zur Kastration geraten, um Hodentumore oder eine Hodendrehung zu vermeiden oder zu behandeln. Am Anus gelegene Tumore (Perianaldrüsentumore) wachsen unter Anwesenheit männlicher Geschlechtshormone schneller als in Abwesenheit, so dass zur Vermeidung eines Rückfalls die chirurgische Entfernung der Tumore mit einer Kastration kombiniert werden sollte.
Hündinnen sollten kastriert werden, wenn sie an Eierstocktumoren, Gebärmutterentzündung (Endometritis) oder einer vereiterten Gebärmutter (Pyometra) leiden. Auch ein Scheidenvorfall sollte nicht nur durch die Rückverlagerung der Scheide, sondern auch durch eine Kastration behandelt werden. Die Kastration kann auch vorbeugend wirken: Wird eine Hündin früh in ihrem Leben kastriert, sinkt die Wahrscheinlichkeit dafür, dass Gesäugetumore entstehen. Bei Auftreten einer Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) kann eine Kastration verhindern, dass die zunächst nur in bestimmten Phasen des Sexualzyklus auftretende Erkrankung für immer bestehen bleibt. Weitere Erkrankungen, bei denen der Tierarzt evtl. zu einer Kastration rät, sind eine Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose), eine übermäßige Kortisonproduktion durch die Nebennieren (Hyperadrenokortizismus, Cushing-Syndrom) oder bestimmte hormonell bedingte Hauterkrankungen.
Unerwünschte Auswirkungen der Kastration
Unerwünschte Auswirkungen der Kastration treten häufiger bei Hündinnen als bei Rüden auf.
Die Kastration steigert den Appetit der Hunde und erhöht damit das Risiko für die Entwicklung von Übergewicht. Übergewicht seinerseits kann andere Probleme nach sich ziehen: Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus), Verdauungsprobleme wie Verstopfung, Harnsteine in der Blase oder den Nieren, Gelenkerkrankungen, etc. Auch die häufig befürchteten Verhaltensänderungen wie auffällig ruhiges Verhalten, Trägheit und Faulheit beruhen nicht auf dem Wegfall der Geschlechtshormone, sondern auf dem sich entwickelnden Übergewicht. Ein kastrierter Hund muss aber nicht übergewichtig werden. Die Entstehung von Übergewicht kann der Besitzer durch eine sachgerechte Umstellung der Ernährung und viel Bewegung vermeiden.
Harnträufeln (Inkontinenz) kann eine weitere unerwünschte Auswirkung der Kastration insbesondere bei weiblichen Tieren sein. Das Harnträufeln tritt selten sofort nach der Operation, sondern meist 2-3 Jahre, ja bis zu 10 Jahre danach auf. Besonders häufig betroffen sind Hunde, die ein Körpergewicht über 20 kg haben. Eine medikamentöse Behandlung ist oft erfolgreich.
Die Kastration kann insbesondere bei Hündinnen der Rassen Cocker Spaniel, Irish Setter und Langhaardackel zur Entwicklung eines Welpenfells mit dichter Unterwolle und bei Hündinnen kurzhaariger Rassen zu Haarausfall im Bereich beider Flanken führen.
Ist es nicht sicher, ob eine gewünschte Auswirkung einer Kastration wie eine Verhaltensänderung erreicht werden kann oder ob eine unerwünschte Auswirkung der Kastration eintreten wird, so kann vor der operativen die chemische Kastration versucht werden. Durch die chemische Kastration wird ein kastrationsähnlicher Effekt simuliert. Alle erwünschten und unerwünschten Auswirkungen einer Kastration treten vorübergehend auf und können gut beurteilt werden, ohne dass sie unumkehrbar wären.
Für weitere Fragen, die die Kastration oder andere tiermedizinische Themen betreffen, wenden Sie sich bitte an die Tierärztliche Klinik für Kleintiere des Herrn Dr. R. Krauß in Düsseldorf.